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Pillow Talk mit Vincenzo Martella

Egal, in welche Richtung man blickt, rundherum Toskana fürs Fotoalbum. Der spektakuläre Ausblick aus dem Infinity Pool im Borgo Pignano über die kupierten Hügel, die Städtchen San Gimignano und Volterra, reicht bis zum Meer. Doch hinter den dicken Schlossmauern entstehen aus traditionellen Zutaten raffinierte Köstlichkeiten, die allein eine Reise wert sind.  

Es gibt Gerichte, die vergisst man einfach nicht. Und dazu gehören die hauchdünnen Ravioli gefüllt mit Tomaten, an geräuchertem Bernsteinfisch und Burrata, die wir im Borgo Pignano gekostet haben. Vincenzo Martella kocht hier mit Mut zur Leichtigkeit. Wir sprachen mit ihm über Kochkunst und seine Liebe zur Toskana, verfeinerten unsere Pastakünste in einem der angebotenen Kochkurse und luchsten ihm sein Ravioli-Rezept ab.  

Joanna Peyer für Pillow & Pepper: Vincenzo Martella, woher kommt Ihre Leidenschaft fürs Kochen?

Vincenzo Martella: Mir hat es von klein auf Spass gemacht zu kochen; ich kann mich erinnern, dass ich bereits als Kind einfache Dinge gekocht habe. Meine Eltern wünschten sich, dass ich eine ordentliche Laufbahn als Arzt oder Anwalt einschlage, aber von Natur aus war ich stets an Essen, Geschmack und Kochen interessiert. Es war gar nicht so einfach, sie davon zu überzeugen, dass ich Koch werden wollte. Aufgewachsen bin ich in der Region Apulien mit ihrem üppigen Angebot an fantastischen Zutaten voller Geschmack, angefangen beim frischen Fisch. Von Anfang an habe ich meine Laufbahn mit grosser Leidenschaft für die Küche verfolgt und den Zusammenhang zwischen gutem Essen und Wohlbefinden erforscht. Nichts verschafft mir grössere Befriedigung.

Von wem wurde Ihr Kochstil im Verlauf Ihres Lebens im Allgemeinen beeinflusst?

Vincenzo Martella: In jungen Jahren schon habe ich durch meine Eltern und Grosseltern den Wert frischer Zutaten schätzen gelernt, und ich erinnere mich immer noch gern daran, wie sie mit mir zusammen auf den Markt gingen und mir zeigten, wie man das beste Obst und Gemüse erkennt, das erst wenige Stunden vorher geerntet wurde. Ich habe enormen Respekt für diese Einstellung zu Lebensmitteln und diese Art von Begeisterung. Dementsprechend beeindrucken mich vor allem Köche mit einer ähnlich einfühlsamen Lebensmittelphilosophie wie etwa Michel Bras und René Redzepi.

Auch welche Zutat könnten Sie auf keinen Fall verzichten?

Vincenzo Martella: Ein Gericht muss nicht unbedingt Fleisch oder Fisch enthalten, frisch geerntetes Gemüse dagegen schon.

Welches Ihrer Gerichte widerspiegelt am besten Ihre typische Handschrift?

Vincenzo Martella: Eines meiner zumindest symbolträchtigsten Gerichte steht für das Land, auf dem das Borgo Pignano seit Jahrhunderten steht. Dieses anmutige Dessert interpretiert das Wesen des Waldes. Da sind zum einen der zarte Biskuitteig (das Land), dann die Waldfrüchte (Erdbeeren, Brombeeren), und schliesslich die Pinienkerne und die mit Pinienessenz getränkte Schokolade. Die meisten meiner Gerichte haben einen konkreten Bezug zum Land.

Woher nehmen Sie die Inspiration für neue Gerichte?

Vincenzo Martella: Schon ein Spaziergang über das Anwesen bringt mich stets auf neue Ideen. Oder auch das Gespräch mit meinen Lieferanten, etwa den Fischern, die mir jeden Tag frischen Fisch von der Insel Elba vor der toskanischen Küste bringen. Die Trüffelsammler, der Metzger aus dem Nachbardorf, und natürlich gehen meine Ideen auch mit den Jahreszeiten. Ich arbeite eng mit der „Ortolana“ (der Gemüsegärtnerin) hier im Borgo Pignano zusammen. Bei der Gestaltung der Tageskarte richten wir uns immer danach, was gerade am frischesten ist. Alle Zutaten, die auf unserem weitläufigen Landgut angebaut werden, sind biologisch. Wenn ich eine neue Karte erstelle, ist es mir wichtig, Körper, Geist und Seele gleichermassen zu berücksichtigen.

Haben Sie es jemals bereut, Koch zu werden? Was könnten Sie sich stattdessen vorstellen?

Vincenzo Martella: Mein kulinarischer Werdegang war immer mit grossen Herausforderungen verbunden, und ich zwinge mich Tag für Tag neu, den höchsten Ansprüchen gerecht zu werden. Allerdings habe ich Essen, Natur und Gastronomie auch schlicht im Blut. Falls ich eine andere Berufswahl treffen müsste, würde es mich reizen, Dokumentarfilme über Tiere in freier Wildbahn zu machen.

Was mögen Sie am meisten an der Toskana?

Vincenzo Martella: Ich lebe mittlerweile seit sieben Jahren in der Toskana, davon die letzten beiden als Küchenchef im Borgo Pignano. Besonders das Licht hier und die dramatischen Kontraste der Landschaft liebe ich. Unvergleichlich sind natürlich die Aromen, und die Toskana ist mit Sicherheit eine der bezauberndsten Wohnregionen überhaupt, wenn man gutes Essen liebt. Die Landschaft um das Schloss herum hat ihren ganz eigenen Charme und dank des fruchtbaren Bodens habe ich immer die besten Zutaten direkt vor der Haustür.

Welche Gerichte sollten wir während unseres Aufenthalts in der Toskana unbedingt probieren?

Vincenzo Martella: Wenn Sie auf Ihrer Toskanareise durch Dörfer und die hoch gelegenen Festungsstädte fahren, sollten Sie die regionalen Spezialitäten probieren, zum Beispiel die Trippa Fiorentina (florentinische Kutteln), Crostini di Fegato di Pollo (Crostini mit Hähnchenleberpastete), hausgemachte Salami und Cinghiale Dolce e Forte (Wildschwein an kräftiger Sauce mit Kakao).

Was sollte man unbedingt unterlassen in Restaurants in Italien, um sich nicht als Tourist zu outen?

Vincenzo Martella: Meine Rat wäre, sich vom Kellner etwas empfehlen zu lassen, etwa den Fang des Tages, sich die Mühe zu machen herauszufinden, was gerade in Saison ist, und regionale Produkte zu kosten. Am besten nicht zu viele Speisen auf einmal bestellen, und an heissen Tagen unbedingt drinnen sitzen. Kein Einheimischer würde bei brütender Sommerhitze im Freien essen.

Auf pillowandpepper.com verraten wir Ihnen die besten Zimmernummern im Borgo Pignano sowie 20 weitere einzigartige Adressen in der Toskana. Lassen Sie sich inspirieren, denn die Toskana ist immer wieder eine Reise wert.